bis 26. Januar, Memmingen
Jan-Hendrik Pelz in der MEWO Kunsthalle
Memmingen – Die neue Ausstellung „Retrospektive IV“ präsentiert Kunstwerke von Jan-Hendrik Pelz. Weshalb aber sollte ein junger Künstler bereits eine Retrospektive, also eine Rückschau wagen? Weshalb wirken die Gemälde so gealtert und historisch? Darf man dem Glauben schenken? Man darf, denn mit diesen Fragen ist man schon mitten im Kosmos des Künstlers.
Jan-Hendrik Pelz (*1984) malt nicht nur Bilder, die sich ästhetisch wie inhaltlich an künstlerische Positionen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts anlehnen; er erfindet den Künstler gleich mit dazu. Pelz ist zwar der Urheber der gezeigten Gemälde, präsentiert diese jedoch als Werkschau seines fiktiven Urgroßvaters. Es sind zeittypische Motive und Malstile zu sehen, die zusammen betrachtet eine idealtypische Künstlerbiografie des letzten Jahrhunderts bilden könnten. Mit der akademischen Frühzeit, einer wachsenden Stilsicherheit und der künstlerischen Neuerfindung nach dem 2. Weltkrieg führt Pelz in eine vorstellbare Vergangenheit. Die vermeintliche Auseinandersetzung eines Werks mit dem eigenen Leben, mit den Zeitläuften, den historischen und politischen Umständen wird hier zur Auseinandersetzung mit der Geschichte. Die Gemälde selbst arbeitet der in Filderstadt geborene Pelz bis ins Detail und mit großer Kunstfertigkeit aus. Er lässt sie schneller altern oder fügt bewusst künstliche Altersspuren hinzu. Konsequent verfolgt er das Konzept des erfundenen Vorfahren weiter und legt somit eine mögliche Kunst- und Familiengeschichte vor. Auch Museen arbeiten immer wieder mit historischen Positionen, die neu entdeckt werden. Der Wunsch, neue, unbekannte Kunstwerke oder ganze Nachlässe präsentieren zu können, ist groß. Die Nachfrage des Publikums oder das Presseecho stehen dem in nichts nach. Der kunsthistorische Spaß der Erfindung einer Künstlerpersönlichkeit hinterfragt auch diese institutionell begründete oder Schlagzeilen herbeiwünschende Faszination des Neuen. So setzt sich Jan-Hendrik Pelz letztlich nicht nur selbst ein Denkmal, sondern auch seinem fiktiven Urgroßvater namens Jan Hendrik Pelz, der ganz ohne Bindestrich auskommt.
Ausstellungsdauer bis 26. Januar 2025
MEWO Kunsthalle, Bahnhofstraße 1, Memmingen
Öffnungszeiten: Di – So und Ft 11-17 Uhr, an Heiligabend, 24.12. und Silvester, 31.12. geschlossen
Eintritt frei
www.mewo-kunsthalle.de
Abbildung: »Jan Hendrik Pelz, Badende, 1953«, 2017, Öl auf Leinwand, 58 × 80 cm